Luftqualität in Flugzeugkabinen
18.06.2020
Moderne Verkehrsflugzeuge bewegen sich in Höhen, in denen ein Überleben von Menschen nicht möglich ist. Die Passagiere sind auf ein autarkes, redundantes Druck- und Klimatisierungssystem im Flugzeug angewiesen. Sogenannte HEPA-Filter sorgen dabei für saubere Kabinenluft.
Luftstrom in der Kabine
Frischluft, sogenannte Zapfluft, wird direkt aus den Verdichterstufen der Triebwerke entnommen. Die hochkomprimierte, ca. 250° C heiße Luft gelangt anschließend in die Kühlbox der Flugzeugklimaanlage (air conditioning packs). Dort wird sie aufbereitet und über Verteilersysteme von oben in die Kabine geleitet. Die „alte“ Luft wird nach unten abgesaugt, sodass eine gleichmäßige Zirkulation entsteht. Die abgesaugte Luft wird entweder in die äußere Umgebung abgegeben oder durch Filter wieder zu den zentralen Klimaaufbereitungsanlagen zurückgeleitet und als rezirkulierte Luft erneut in den Luftkreislauf eingespeist. Die gesamte Luft in der Kabine erneuert sich alle 2-3 Minuten, jeweils zur Hälfte durch frische bzw. rezirkulierte Luft.
Rezirkulierte Luft
Rezirkulierte Luft ist keine Frischluft und wird angesichts der großen Anzahl von Passagieren durch Partikel (Fasern, Staub oder Hautpartikel), Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen sowie Gerüche kontaminiert. All diese Kontaminationen stellen ein potenzielles Risiko für Passagiere dar. Im Vergleich zu Bakterien gedeihen Viren auch bei niedriger Luftfeuchtigkeit.
Ansteckungsgefahr in einer Flugzeugkabine
Von besonderer Bedeutung ist die Frage, inwieweit eine Ansteckungsgefahr von Passagieren durch die in der Kabinenluft befindlichen Bakterien oder Viren besteht. Von Reisenden wird immer wieder die Befürchtung geäußert, dass ein hohes Infektions- bzw. Ansteckungsrisiko in Flugzeugkabinen bestehe. In Kenntnis der technischen Ausrüstungen des Flugzeuges kann diese Gefährdung jedoch weitgehend verneint werden.
Moderne Filtrationsmethoden
Filtrationsmethoden wurden entwickelt, um die Gesundheit von Passagieren zu schützen. Die Rezirkulationsluft wird ständig durch hochwirksame HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air Filters) geleitet, diese haben die Fähigkeit Partikel mit einer Größe von 0,1 μm zu entfernen.
Partikelart | Durchmesser (μm) | Typisch assoziierte Krankheit |
Menschliches Haar | Ca. 30 - 50 | |
Erythrozyten | Ca. 8,0 | |
Pneumokokken | 0,5 | Lungenentzündung |
Mykobakterien | 0,2 bis 1,0 | Tuberkulose |
Influenza | 0,1 | Grippe, Lungenentzündung |
Coronavirus | 0,16 | Krankheitsverläufe sind unspezifisch, vielfältig und variieren stark, von symptomlosen Verläufen bis zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod. |
Funktionsweise der Filter
Der Filterprozess wird durch folgende drei Mechanismen bestimmt:
- Direktes Abfangen: Filter bestehen aus Matrizen mit einer genau definierten Porengröße. Wie bei einem Sieb werden Partikel, die größer als diese Poren sind, direkt auf der Oberfläche des Filtersystems abgefangen.
- Diffusionales Abfangen: Sehr kleine Partikel wie Viren können durch die leeren Räume von Filter gelangen. Allerdings werden sie durch die „Brownsche Bewegung“ beeinflusst. Die Zick-Zack Bewegung der mikroskopisch kleinen Partikel erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit einer Faser eines Filterelements kollidieren. Die „Brownsche Bewegung“ bewirkt also, dass selbst kleinste Partikel auf den Fasern bzw. Porenwänden haften bleiben. Partikel von einer Größe von etwa 0,1 μm (=1/10.000 Millimeter) werden mit diesem Prinzip erfasst.
- Trägheitswirkung: Partikel, die eine höhere Dichte als Luft haben, weichen vom eigentlichen Luftstrom ab und setzen sich an den Oberflächen und Wänden der Filter ab. Dieses Prinzip funktioniert am besten für Partikel in der Größe von 0,3 bis 10 μm.
HEPA-Filter haben die Fähigkeit bis zu 99,9 Prozent aller Partikel der Kabinenluft herauszufiltern und werden in regelmäßigen Abständen gewechselt.
Partikelfilter mit hohem Wirkungsgrad
Die in der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzten HEPA-Filter bestehen aus Mikroglasfasern, welche auch in Spitälern verwendet werden. In diesem Kontext werden die HEPA-Filter ebenso zur Entfernung von Partikeln und Aerosolen verwendet.
Anzahl von Rezirkulationsluft-Filter je Flugzeugtyp
Die Anzahl der Filter, die in einem Verkehrsflugzeug vorhanden sind, um die Umluft zu filtern, hängt von den Flugzeugtypen ab (Beispiele sh. nachfolgende Tabelle).
Flugzeugtyp | Anzahl der Passagiere | Anzahl der Filter |
Airbus A300-600/A310 | 298/247 | 3 |
Airbus A318/A319/A320/A321 | 117/134/164/199 | 2 |
Airbus A330/A340 | Von 293 bei A330-200 bis zu 419 für A340-600 | 4 bzw. 8 |
Boeing 737 -300, -500, -600, -700 | Bis zu 149 | 1 |
Boeing 737 -400, -800, -900 | Bis zu 189 | 2 |
Boeing 747-400 | Bis zu 524 (2 Klassen) | 10 |
Boeing 757 | 228 bei -200 280 bei -300 | 2 |
Boeing 767 | Bis zu 375 | 2 |
Boeing 777 | Bis zu 550 | 8 |
DC-10/MD-11 | Bis zu 410 | 1 |